Wie aussagekräftig ist die Eckrente?
7. März 2017In der gesetzlichen Rentenversicherung – ähnlich wie bei der privaten Altersvorsorge, der nach Walter Riester benannten Riesterrente – hängt die Höhe des Einkommens im Alter davon ab, wie lange man Beiträge in die Kasse der Rentenversicherung eingezahlt hat und auch wie hoch diese Beiträge gewesen sind, die sich ihrerseits wieder nach dem Einkommen des Versicherten richteten. Als ein Maß für die allgemeine Rentenhöhe wurde der so genannte Eckrentner eingeführt. Darunter versteht man einen Rentner, der 45 Jahre lang immer genau den durchschnittlichen Beitrag eingezahlt hat. Nun könnte man annehmen – und soll es vielleicht auch, jedenfalls wenn es nach den verantwortlichen Politikern geht -, dass die Rente, die eine solche Person erhält (man nennt das die „Eckrente“) der durchschnittlichen Höhe der Renten in Deutschland entspricht.
Das ist aber ganz und gar nicht der Fall. Die tatsächliche durchschnittliche Rente liegt deutlich niedriger, in Ostdeutschland sogar höher als in Westdeutschland, obwohl es nach der Eckrente genau umgekehrt sein müsste. Wie erklärt sich das? Vor allem einmal natürlich dadurch, dass die grundlegende Annahme bei der Bestimmung der Eckrente schon lange nicht mehr zeitgemäß ist. Wo gibt es denn noch den Arbeitnehmer, der 45 Jahre lang ununterbrochen einen durchschnittlichen Beitrag zahlt? Wer nach der Schule erst einmal studiert, kommt anschließend bereits nicht mehr auf 45 Beitragsjahre. Wer durch wirtschaftliche Veränderungen gezwungen ist, jahrelang arbeitslos zu sein oder gar für einige Jahre der Familie als Hausfrau oder Hausmann zu dienen, verliert ebenfalls Anrechnungszeit, die er kaum wieder aufholen kann. (Hier liegt einer der Hauptgründe dafür, dass die Ostrente bei Frauen, die Westrente stärker übertrifft als bei Männern – in der DDR haben notgedrungen die meisten Frauen gearbeitet.) Wer dagegen zu früh (nämlich ohne Studium) ins Berufsleben eintritt, dürfte in der Regel kaum jemals auf ein durchschnittliches Gehalt kommen. Wer sich also von der fiktiven Gestalt des Eckrentners blenden lässt und darauf vertraut, dass die Rente später schon ausreichen wird, der verlässt sich im wahrsten Sinne des Wortes auf ein Phantom.